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Das perfekte Portfolio

Erfreulicherweise kann so ein Portfolio heutzutage in vielerlei Gestalt daherkommen, von der traditionellen Mappe, über eine eigene Webseite bis hin zum Social Media Auftritt. Wofür sich der einzelne MUA entscheidet, hängt von seiner Erfahrung, seiner Zeit und seinen Mitteln ab – und von dem Publikum, das er ansprechen möchte.

Das Portfolio wächst mit dem Make-up Artist weiter. Da sind die sozialen Medien ein guter Startpunkt. Doch wie auch immer Sie Ihre Arbeiten präsentieren möchten, seien Sie stets kritisch und wählen Sie nur die allerbesten Kostproben Ihrer Arbeit aus.
Hier die verschiedenen Optionen im Einzelnen:

Soziale Medien

Instagram und Facebook haben die Portfolios in der Make-up-Branche grundlegend verändert. MUAs können dort unabhängig von ihrer Erfahrung ihre besten Arbeiten zeigen und potenzielle Mitarbeiter können sich schnell und unkompliziert ein Bild von Ihnen machen.

Paul Merchant, Global Head of Make-up bei Kryolan, empfiehlt separate Accounts für Ihren professionellen Auftritt: „Es ist sinnvoll, private und professionelle Profile zu trennen und letztere ausschließlich zu nutzen, um mit Ihren besten Arbeiten zu glänzen, sich mit Branchenvertretern zu vernetzen und sich einen Namen zu machen.“

„Wenn Sie Instagram nutzen, sollten Sie sich an den weltweit führenden MUAs orientieren und für Ihre Social Media Kanäle nur die allerschönsten Bilder auswählen. Größen wie Pat McGrath, Lisa Eldridge und Alex Box präsentieren auf Instagram ihre absoluten Spitzen-Make-ups und legen sich trotz ihrer Bekanntheit ins Zeug, damit ihre Seiten immer aktuell und spannend sind.“

„Außerdem taggen und erwähnen sie die Leute, mit denen sie zusammengearbeitet haben, von den Models und Fotografen bis hin zu den Marken. Das ist eine clevere Methode für jeden MUA, um seine Glaubwürdigkeit zu unterstreichen und Verbindungen zu namhaften Insidern herzustellen.“

Auch „Behind the Scenes“-Beiträge kommen auf Instagram immer gut an. Damit können Sie den Trubel hinter den Kulissen einfangen und der Welt zeigen, dass Sie ein vielbeschäftigter & gefragter MUA sind. Unterschätzen Sie nicht die Macht der sozialen Medien – die meisten Make-up Artists werden allein aufgrund ihres Feeds gebucht.
Er sollte also immer klar, prägnant und aktuell sein.
Die MUA Carly Hobbs, die regelmäßig für Editorial Shootings, TV-Shows, Modemarken und Events gebucht wird, nutzt Instagram, um sich mit potenziellen Kunden in sämtlichen Medien zu vernetzen: „Ich folge Fotografen, Journalisten, Stylisten, Nageldesignern, Friseuren und Models. Mithilfe dieser Verbindungen steigere ich meine Wahrnehmung und ich ergattere regelmäßig Jobs nur durch meine Aktivität auf Instagram.”

Auch eine geschäftliche Facebook-Seite, um Werbung für Ihre Leistungen zu machen und Ihre Arbeiten zu zeigen, kann eine gute Idee sein. Das Tolle dabei ist, dass Sie Ihre Freunde & Kontakte nutzen können, um Ihre Bekanntheit zu steigern.

Die eigene Webseite

Jeder professionelle MUA sollte auf ein Online-Portfolio hinarbeiten. Mit 15 bis 20 gut fotografierten Bildern kann es losgehen.
Bei der Auswahl von Arbeitsproben für Ihre Webseite kommt es auch wieder darauf an, äußerst kritisch zu sein und nur Bilder zu verwenden, die Ihre Arbeit im besten Licht darstellen. Schließlich wird man Sie danach beurteilen.
Wählen Sie von jedem Fotoshooting drei Aufnahmen aus und achten Sie darauf, dass sie die Looks aus verschiedenen Perspektiven und mit unterschiedlicher Tiefe zeigen. Dabei muss das Make-up immer im Fokus stehen. Gestalten Sie Ihre Webseite im Magazin-Stil mit einfachen Kategorien wie Make-up, Kunden, bisherige Kooperationen und einer Behind-the-Scenes-Fotostrecke.

Die klassische Mappe

Auch im digitalen Zeitalter kommen MUAs, die im Fashion- und Editorialbereich arbeiten wollen, nicht ohne eine „echte“ Mappe mit gedruckten Bildern aus. Fotografen fragen sie an, um Make-up Artists zu vergleichen und bevorzugen dabei oft diesen praktischen, traditionellen Ansatz – ein weiterer Grund, warum Ihre Bilder von höchster Qualität sein sollten.

MUA und Trainer bei Kryolan Jos Brands, der schon einigen jungen Talenten bei der Zusammenstellung ihrer Mappe geholfen hat, rät zu Schlichtheit: „Wichtig sind eine kritische Auswahl hochwertiger Bilder, die zeigen, wie vielseitig man ist, und ein klares Layout.“ Der Fokus der Bilder muss immer auf dem Make-up liegen. Meistens sind eine makellose, natürlich wirkende Haut, klassische Details und reduzierte Arbeiten im Editorial-Stil gefragt. Die Mappe sollte logisch aufgebaut sein und eine Geschichte über Sie und Ihre Arbeit erzählen. Ordnen Sie die Bilder also etwa nach Kategorien wie Close-ups, Schwarz-Weiß-Bildern und Fashion-Aufnahmen und sortieren Sie kreative, avantgardistische Werke eher weiter hinten ein.
Neben scharfen Abbildungen Ihrer Arbeiten mit den entsprechenden Bildnachweisen kann Ihre Mappe auch saubere Magazinausrisse und Behind-the-Scenes-Aufnahmen enthalten.

Bei der Zusammenstellung und Aktualisierung Ihres Portfolios sollten Sie immer überlegen, was Sie erreichen wollen, und zeigen, was Sie können. Wenn es Sie etwa in den Bereich Braut- und Event-Make-up zieht, bieten sich Vorher/Nachher-Bilder an, was nicht unbedingt für Fashion- und Editorial-Jobs von Wichtigkeit wäre.

Holen Sie sich Feedback. Nehmen Sie Ihre Mappe zu Shootings und Events mit und bitten Sie erfahrene Kollegen, einen Blick darauf zu werfen – und hören Sie aufmerksam zu.

“Unterschätzen Sie nicht die Macht der sozialen Medien – die meisten Make-up Artists werden allein aufgrund ihres Feeds gebucht.” Paul Merchant, Global Head of Make-up

Gut Getroffen

Wie also anfangen? Sie sind ein talentierter MUA und wollen Ihre Leidenschaft zum Beruf machen oder Sie haben schon gelegentlich Aufträge als Make-up Artist, wollen aber in die Welt der Magazine, Mode oder Werbung vordringen. Die Fähigkeiten dazu haben Sie, aber nicht das beeindruckende Portfolio, um die Traumjobs an Land zu ziehen.

Was Sie brauchen, sind hochwertige, professionelle Fotos, die nicht nur mit dem perfekten Make-up, sondern auch mit einer hohen Auflösung (300 dpi), gutem Bildaufbau, Licht und Styling aufwarten. Die bekommen Sie folgendermaßen:

Time for Prints – kurz TFP, zu Deutsch: Zeit gegen Abzüge. Sie bieten einer Modelagentur oder einem Fotografen Ihre Dienste an und dürfen dafür ein Bild von dem Shooting für Ihr Portfolio verwenden. Dabei ist es wichtig, dass Sie dies nicht als „unbezahlte Arbeit“ ansehen, sondern Ihre Leistungen und deren Content als Währung betrachten.

Assistenz – Dies ist nicht nur eine hervorragende Möglichkeit, sich zu vernetzen und an Material zu kommen, sondern auch der Weg, den viele etablierte MUAs gegangen sind. Man arbeitet entweder ‚for free’ oder für TFP. Dabei sollte man das Portfolio am besten schon vorab in den Verhandlungen ansprechen. Arbeiten Sie mit MUAs, die Sie bewundern – so lernen Sie dazu und profitieren von der Verbindung. Als zuverlässiger Assistent können Sie mit kleineren Aufträgen rechnen und Sie haben schon mal einen Fuß in der Tür.

Testshootings – Sie sind eine gute Gelegenheit, um mit aufstrebenden Fotografen, Models, Stylisten, Friseuren, Bühnenbildnern und Filmschaffenden zusammenzukommen und an Bilder zu gelangen. Außerdem haben Sie hier etwas mehr Mitsprache bei der kreativen Ausrichtung und können langjährige Beziehungen zu jungen Branchenvertretern knüpfen, die auch gerade die Karriereleiter erklimmen. Aufstrebende Talente finden sich in zahlreichen Facebook-Gruppen oder auch an Ausbildungsstätten für Fotografen. Das Set lässt sich durch Verhandlungen mit Studios organisieren oder man verlegt das Shooting einfach nach draußen an einen spannenden Ort, dann ist aber möglicherweise eine Genehmigung nötig.
Das Styling sollte schlicht sein: ein schulterfreies Top oder einfaches Trägershirt und vielleicht ein Statement-Schmuckstück. Fragen Sie bei örtlichen Modelagenturen, ob Sie neue Gesichter fotografieren dürfen – schließlich brauchen die auch Material für ihre Mappen.

Make-up für Hochzeiten und besondere Anlässe – Für festliche Make-ups gibt es immer einen Markt und sie sind eine gute Möglichkeit, sowohl Ihre Fähigkeiten als auch Ihr Portfolio auszubauen. Fragen Sie Ihre Kundin, ob Sie ihren makellosen Teint und die Details des Make-ups fotografieren dürfen. Achten Sie dabei auf einen ruhigen Hintergrund.
Noch besser ist es, wenn der Hochzeitsfotograf eine Aufnahme vom Make-up macht und Ihnen erlaubt, diese zu verwenden. Ihm ist sicher auch daran gelegen, seine Bekanntheit zu steigern.

Tear Sheets – Wenn Sie als MUA oder Assistent an einem Editorial Shooting beteiligt waren, sollten Sie Ausrisse (sogenannte Tear Sheets) Ihrer veröffentlichten Arbeit in Ihr Online-Portfolio oder Ihre Mappe aufnehmen. Das zeigt, dass Sie Erfahrung mit Fotoshootings haben, und das ist viel wert. Vergessen Sie aber nicht, den leitenden MUA und die anderen Beteiligten zu nennen.

Behind the Scenes – Ein Blick hinter die Kulissen ist eine tolle Ergänzung für Ihren Online-Auftritt und Ihre Mappe, fragen Sie aber vorher beim leitenden MUA und den anderen Beteiligten, wie dem Shoot Director, nach. Bilder von Ihrem Arbeitsplatz, den Details, die Sie kreieren, und dem fertigen Look kommen immer gut an. Achten Sie darauf, dass Sie nichts verraten, was noch geheim ist – fragen Sie das Team, was Sie wann verwenden dürfen.

“Die Mappe sollte logisch aufgebaut sein und eine Geschichte über Sie und Ihre Arbeit erzählen.” Jos Brands, Kryolan Trainer

Last but not least

Holen Sie sich von Fotografen immer die schriftliche Erlaubnis zur Verwendung der Bilder ein und fragen Sie, welche anderen Namen (z. B. der Models oder Marken) Sie nennen müssen.

Seien Sie ehrlich – Behaupten Sie niemals, ein Make-up wäre komplett von Ihnen, wenn Sie nur assistiert haben. Das wäre gegen das Gesetz und könnte Ihrem Ruf schaden. Geben Sie immer den Namen des hauptverantwortlichen Make-up Artists an.

Achten Sie auf Details – Rechtschreib- und Grammatikfehler wirken unprofessionell – ganz gleich wie toll Ihr Make-up ist. Schauen Sie also immer zweimal hin.